Intern
Prof. Dr. Christof Kerwer

Würzburger Forum Arbeitsrecht 2016

11. Würzburger Forum Arbeitsrecht

Am 8. November 2016 fand in der Neubaukirche der Alten Universität zum elften Mal das Würzburger Forum Arbeitsrecht statt. Wie in den vergangenen Jahren wurde es von der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität in Zusammenarbeit mit der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. ausgerichtet und widmete sich diesmal den arbeitsrechtlichen Herausforderungen im Spannungsfeld von Familie und Beruf. Drei Vorträge beleuchteten die Problematik aus unterschiedlichen Perspektiven und gingen der Frage nach, welchen Beitrag das Arbeitsrecht dazu leisten kann, dass Arbeitnehmer ihre beruflichen und familiären Pflichten besser miteinander vereinbaren können. Angesichts der großen gesellschaftlichen Bedeutung, die dem Thema zukommt, verwunderte es nicht, dass nahezu 230 Zuhörer aus Unternehmen, Verbänden, Anwaltschaft, Justiz, Verwaltung und Universität – darunter auch zahlreiche Studierende – den Weg in die Neubaukirche gefunden hatten.

 

Die Reihe der Vorträge begann mit einem Bericht aus der Unternehmenspraxis. Peter Ballweg und Mariana Dierolf von der Fa. WIKA Alexander Wiegand SE & Co KG legten dar, welche Herausforderung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Unternehmen darstellt und wie diese Herausforderung bewältigt werden kann. Dazu zeigten sie zunächst auf, wie wichtig es für die Unternehmen in einem zunehmenden Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte ist, familienfreundliche Rahmenbedingungen zu bieten, um Arbeitnehmer gewinnen und langfristig an das Unternehmen binden zu können. Sie schilderten, welche Anstrengungen die Fa. WIKA, ein global agierendes Familienunternehmen auf dem Gebiet der Messtechnik mit über 9.000 Mitarbeitern, zu diesem Zweck unternimmt. Dazu gehören etwa eine eigene Kinderkrippe, die gemeinsam mit der Stadt Klingenberg am Main betrieben wird, das Angebot einer Ferienbetreuung sowie flexible Arbeitsbedingungen durch Teilzeit und Home Office.

 

Vor diesem praktischen Hintergrund beleuchtete sodann Prof. Dr. Katharina Uffmann von der Ruhr-Universität Bochum aus wissenschaftlicher Sicht, welche arbeitsrechtlichen Instrumente genutzt werden können, um die Vereinbarkeit von Familie und Be­ruf zu fördern, aber auch welche Probleme damit verbunden sind und wie man diese lösen könnte. Neben Modellen einer sukzessiven Erfüllung familiärer und beruflicher Pflichten (z.B. durch Elternzeit, Pflegezeit oder Familienpflegezeit) kamen insbesondere solche Gestaltungsformen zur Sprache, die eine simultane Vereinbarkeit beider Bereiche sicherstellen sollen. Frau Uffmann zeigte auf, dass man an der Arbeitszeit ansetzen kann (z.B. durch Teilzeit- und Gleitzeitmodelle, durch Vertrauensarbeitszeit oder Arbeitszeitkonten), aber auch am Arbeitsort (z.B. durch Arbeit im Home Office) und an der Arbeitsorganisation (z.B. durch Job-Sharing). Dabei erläuterte sie die Um­setzungs- und Verteilungsfragen, die mit familienorientierten Beschäftigungsstrukturen verknüpft sind, und machte konkrete Vorschläge für Verbesserungen.

 

Nach diesem gedankenreichen Überblick über die verschiedenen arbeitsrechtlichen Gestaltungs- formen griff letztlich Dr. Jens Suckow, Richter am Bundesarbeitsgericht in Erfurt, eines der Hauptinstrumente heraus, mit denen Arbeitnehmer versuchen, ihre beruflichen und familiären Pflichten miteinander in Einklang zu bringen, nämlich die Teilzeitarbeit. Als Mitglied des Neunten Senats des BAG, dessen Zuständigkeit die Elternzeit und die Pflegezeit, aber eben auch den Teilzeitanspruch umfasst, war Herr Suckow ein idealer Referent für diesen Vortrag, konnte er doch gewissermaßen „aus erster Hand“ berichten, welche Leitgedanken der höchstrichterlichen Rechtspre­chung zum Teilzeitanspruch zugrunde liegen. Wie die Referenten vor ihm zog auch Herr Suckow die Zuhörer mit einem spannenden und äußerst kurzweiligen Vortrag in seinen Bann. Diese nutzten nicht nur die anschließende offizielle Publikumsdiskussion, sondern auch den nachfolgenden Empfang im Foyer der Neubaukirche, um die in den Vorträgen aufgeworfenen Fragen mit den Referenten zu diskutieren.