2011 年会议 - 合法性原则
本次会议致力于中德刑法的基础及其比较和解释。重点将放在德国刑法的核心历史和法律哲学支柱之一:罪刑法定原则。这一原则是在启蒙运动的背景下发展起来的,在德国刑法的适用和学术讨论中具有独一无二的特点,是法律受文化影响的一个典型例子。
因此,关于这些原则在其他文化中如何实施、理论讨论和实际应用的问题就显得尤为重要--尤其是在中国这样一个必须重新解释和实施罪刑法定原则的文化中。通过对合法性原则的关注,应该可以从不同角度对这一问题进行详细讨论。

本专题分为三个子方面:
- 对合法性原则的理解
- 合法性原则的实践
- 广义解释与类推的区别
首先,我们将分别从中国和德国的角度对上述三个方面进行介绍。在此过程中,将介绍刑法中的相关规定、目前有争议的案例以及判例法和学术界的主要观点。随后,一位中国法律学者和一位德国法律学者将对这些观点进行评论。会议的概念和议题由中方提出。中方与会者来自中国主要法学院(人民大学、北京大学、清华大学、中国政法大学)。

中国的政治和经济重要性正在稳步上升。迟早有一天,中国会再次成为 19 世纪末之前近 2000 年的大国。当以前相对封闭的中国被迫向其他国家开放,并因鸦片走私而国力衰弱时,中国高雅文化的长期统治地位被西方强行终结。在随后的 150 年里,中国--尤其是从中国自身的角度来看--遭受了西方国家和日本的各种羞辱,内部结构动摇,经济基础破碎。1949 年共产党夺取政权后,中国又自我封闭起来。时至今日,对其他国家 “干涉 ”内政的怀疑态度依然盛行,这对国际人权政策产生了负面影响。
不过,近年来情况有了明显的变化。随着中国经济地位的提高,中国不仅自信心增强,而且愿意向西方开放。
这种态度是将外国法律体系纳入中国学术讨论和立法的基础。中国的法律讨论,尤其是刑法讨论,以比较法活动为主要特征;中国对与其他国家的法律学者进行交流非常感兴趣。德国刑法,尤其是其基本原则和体系,在这方面发挥着核心作用。由于中国法律与欧洲大陆的法律体系有很强的相似性,因此也借鉴了欧洲大陆的体系,以寻求可能的改进和进一步发展。但同时,中国在比较和借鉴外国法律制度时,也会注意自身的特点和文化传统,这当然会对外国制度的解释和实施产生影响。
中国法律及其对刑法基本原则的理解对德国刑法辩论也具有重大意义。处理其他文化中的罪刑法定原则可以拓宽自己的视野,打破传统的思维结构,有助于开启新的论点。在不同的文化中,处理此类原则的问题领域也可能不同,这意味着跨文化讨论可以为双方带来新的见解。
计划中的会议将从这里开始: 会议将以合法性原则为例,详细讨论经济发展、政治框架条件、宗教和意识形态背景以及其他文化环境如何影响法律基础,同时也受法律基础的影响。对德国和中国这样不同的文化进行比较,有望在这方面获得相当多的启示。只需指出的是,对于中国这样的国家而言,落实合法性原则也具有相当重要的政治意义。
在本次会议上获得的见解将编入会议论文集出版,这些见解不仅对法律和社会科学有用。总之,关于法治原则的文化背景和影响的交流将促进对另一种文化和植根于此的法律的理解。本次会议是2008年在维尔茨堡举办的学术研讨会的延续,该研讨会有力地拓展了德中刑法学者之间的合作。
迄今为止,几乎没有任何关于中国刑法的全面分析,尤其是在德语文献中;只有少数出版物涉及中国刑事诉讼法。
从体系上看,中国刑法更类似于规范成文的大陆法系,而不是以判例为基础的盎格鲁-撒克逊普通法系。因此,德国刑法在中国尤其受到欢迎,并被用作中国刑法进一步发展的基准和方向。
中国的刑事司法制度
i)帝制中国的(刑事)法律
回顾历史可以发现,帝制中国的法律制度与今天的中国法律之间有着明显的相似之处。然而,一些差异也是显而易见的。历史视角简化了西方对中国法律发展的理解,以及对法治基本原则(包括尤其是合法性原则)解释的差异。
Rechtsstaatlichkeit in unserem Sinne war im kaiserlichen China unbekannt. Der Kaiser begründete seine Stellung und Machtausübung mit dem „Mandat des Himmels“. Er war Inhaber der höchsten Gewalt in Legislative, Exekutive und Judikative und stand über dem Recht.
Es gab keine Gleichheit vor dem Gesetz. Die rechtliche Stellung einer Person richtete sich nach ihrer Position in der streng hierarchischen, konfuzianisch geprägten Gesellschaftsstruktur.
Im Konfuzianismus stand das Konzept der Pflicht, nicht das des Rechts, im Vordergrund. Basis der Gesellschaft war nicht der Einzelne, sondern die Familie, die über dem Individuum stand. Aus diesem Grund gab es keine individuellen Rechte.
Recht und Moral waren nicht klar voneinander getrennt – die Gesellschaft wurde mittels moralischer Regeln gesteuert, Recht spielte eine untergeordnete Rolle.
Da der Kaiser die Legislative, Exekutive und Judikative unter dem „Mandat des Himmels“ in sich vereinte, wurde Recht als eines von vielen staatlichen Kontrollinstrumenten angesehen. Eine Gewaltenteilung im westlichen Sinne fand aus diesem Grund nicht statt.
Soweit es Recht gab, handelte es sich in der Regel um Strafrecht. Die Sanktionen waren streng und teilweise grausam.
Es gab kein Analogieverbot. Die Straftatbestände waren durch die Zuständigen weit auslegbar und sogar analog anwendbar, so dass die Bürger vorab nicht genau wissen konnten, mit welcher Handlung sie sich strafbar machten.
ii) Die Entwicklung des heutigen chinesischen Strafrechts
Beim traditionellen chinesischen Recht handelt es sich in erster Linie um Strafrecht. Dieses Rechtsgebiet war auch nach dem Ende des Kaiserreichs weiterhin von besonderer Bedeutung. Schon unmittelbar nach der Schaffung der Volksrepublik China 1949 sollte ein neues Strafrecht erlassen werden. Dies wurde jedoch durch die politischen Wirren in den ersten beiden Jahrzehnten der Volksrepublik verhindert. Erst nach dem Tode Maos, im Jahr 1979, wurden schließlich eine Strafprozessordnung und ein Strafgesetz erlassen. Diese sind, wenn auch mit zahlreichen Änderungen, noch heute in Kraft.
Im Strafgesetzbuch von 1979 war die Analogie zu Lasten des Täters noch ausdrücklich zugelassen: § 79 legte fest, dass ein Verbrechen, welches bei wörtlicher Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift nicht darunter subsumiert werden könne, nach der Bestimmung abzuurteilen sei, die ihm am nächsten komme. Eine Einschränkung bestand insofern, als die analoge Interpretation des Strafrechts nicht durch ein Gericht allein erfolgen konnte, sondern eine Zustimmung des obersten Volksgerichtshofs erforderlich war.
Die wichtigste Änderung des chinesischen Strafrechts seit 1979 erfolgte 1997 mit der Anpassung des Strafgesetzbuches an die damaligen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen in China. Dieses neue Strafrechtgesetzbuch liegt in einer kommentierten deutschen Ausgabe vor. Die Änderungen bedeuteten u.a. einen erheblichen Zuwachs im Umfang. Allein der Besondere Teil des Strafgesetzbuchs wurde von 103 auf 350 Paragraphen erweitert.
Diese Entwicklung einer starken Diversifizierung und Spezialisierung der Strafnormen, gerade im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts, findet sich auch in westlichen Gesellschaften. Eine derartige Regelungssystematik birgt die Gefahr einer Verwässerung des Rechtsstaatsprinzips im modernen Strafrecht. Umso wichtiger ist es, sich mit grundlegenden Prinzipien wie dem Gesetzlichkeitsprinzip, ihrer Entwicklung und praktischer Umsetzung, detailliert auseinanderzusetzen und so ihre Bedeutung für das Strafrecht zu stärken.
Das Gesetzlichkeitsprinzip in China
Neben der gerade genannten Gefahr der Verwässerung von Rechtsstaatlichkeit lässt sich die starke Zunahme der Anzahl der Strafbestimmungen in China auch als Versuch interpretieren, den Anforderungen des Analogieverbots und des Grundsatzes der gesetzlichen Bestimmtheit unter den Bedingungen einer stark expandierenden und sich diversifizierenden Wirtschaft Genüge zu tun. Mit der Strafgesetzänderung wurden auch das Gesetzlichkeitsprinzip und das Analogieverbot eingeführt. § 3 des neuen Strafgesetzbuchs von 1997 bestimmt nun ausdrücklich: „Ist [eine Handlung] durch Gesetz ausdrücklich als strafbare Handlung bestimmt, wird sie entsprechend der gesetzlichen Festlegung als Straftat mit [der dafür vorgesehenen Strafe] geahndet; liegt eine ausdrückliche Bestimmung als strafbare Handlung durch Gesetz nicht vor, ist eine Festlegung [der Handlung] als Straftat und Verhängung von Strafe nicht statthaft“.
Das Strafrecht musste insgesamt an diese Neuerungen angepasst werden. Dazu gehörte auch die umfassende und genaue Beschreibung der strafbaren Handlungen, da es nun nicht mehr möglich war, diese in Analogie zu bestehenden Strafgesetzen zu bilden.
Das Gesetzlichkeitsprinzip lässt sich in vier Unterprinzipien darstellen:
die Strafbarkeit muss sich aus dem geschriebenen Gesetz ergeben,
das Gesetz muss so bestimmt sein, dass der Bürger erkennen kann, was genau unter Strafe gestellt ist,
jegliche Analogie ist im Strafrecht verboten,
es ist unzulässig, rückwirkende Strafgesetze zu erlassen.
Dieser Inhalt des Gesetzlichkeitsprinzips ist in China inzwischen dem Grunde nach anerkannt. Nach den Wirren der teilweise in völlige Rechtlosigkeit abgleitenden Kulturrevolution wurde die überragende Bedeutung des Gesetzlichkeitsprinzips für den Rechtsstaat deutlich. Allerdings hat die politische Realität in einem Land, in dem wenig Unterstützung für die liberale Demokratie besteht, sondern die Sorge um Stabilität und wirtschaftliches Wachstum größer ist als der Wunsch nach bürgerlicher und politischer Freiheit, erhebliche Auswirkungen auf die Konzeptionierung des Gesetzlichkeitsprinzips. Der Rechtsstaat bzw. die „rule of law“ unterliegt in China anderen Bedingungen als in Deutschland. Während in den europäischen Staaten eine liberal-demokratische Interpretation praktisch selbstverständlich und unumstritten ist, stehen in China vier Konzeptionen von „Rechtsstaatlichkeit“ im Wettstreit:
Die staatszentriert-sozialistische Konzeption
Die neo-autoritäre Konzeption
Die kommunitaristische Konzeption
Die liberal-demokratische Konzeption
Abhängig von dem Verständnis des Rechtsstaats bzw. der „rule of law“ ist auch die Interpretation und praktische Umsetzung des Gesetzlichkeitsprinzips in China unterschiedlich denkbar.
Vergleich zwischen China und Deutschland
Somit wird deutlich, dass bei der Interpretation und praktischen Anwendung des Gesetzlichkeitsprinzips Prinzipien fundamentale Unterschiede zwischen Deutschland und China bestehen. In Deutschland ist das Prinzip vor dem Hintergrund der Aufklärung im Kontext einer gesamtgesellschaftlichen Umwälzung entstanden, die eine stärkere Betonung individueller Rechte, demokratischer Elemente und die Reduktion staatlicher Macht beinhaltete. Die Gewaltenteilung wird hier als konstitutives Element der Rechtsstaatlichkeit verstanden und Rechtsstaatlichkeit ohne Demokratie erscheint aus westlicher Sicht kaum mehr vorstellbar. Das Gesetzlichkeitsprinzip ist somit eingebunden in ein Netz anderer Prinzipien zur Stärkung der Stellung des Individuums. Seine genaue Einhaltung kann aufgrund der Gewaltenteilung kontrolliert werden, seine praktische Durchsetzung ist von erheblicher Bedeutung für den Schutz der individuellen Rechte der Bürger und wird deshalb sorgfältig überwacht.
Diese spezifische geschichtliche und kulturelle Entwicklung führt zu einem besonderen Verständnis des Gesetzlichkeitsprinzips, das nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragbar ist. Gerade die Unterschiede zu einem Land wie China, in dem die oben dargelegten Konzeptionen des Rechtsstaatsgedankens um Vorherrschaft streiten, sind von besonderem Interesse. Die kommunistische Partei ist nicht daran interessiert, das Staatsmodell zu ändern. Als Schutzgüter im strafrechtlichen Sinne nennt § 2 des chinesischen StGB in erster Linie die Staatssicherheit und Macht der demokratischen Diktatur des Volkes, erst an zweiter Stelle stehen das Privateigentum und die persönlichen Rechte der Bürger.
Die durch den Konfuzianismus geprägte Tradition Chinas und das Bedürfnis, sich von der westlichen Kultur abzugrenzen, dürfte auch die künftige Ausgestaltung und Legitimation des Strafrechts wesentlich beeinflussen und damit auch die Interpretation des Gesetzlichkeitsprinzips prägen. Dennoch ist der Vergleich von Theorie und Praxis dieses Grundprinzips des Strafrechts zwischen Deutschland und China von erheblicher wissenschaftlicher Bedeutung. So ist für China, trotz seiner kulturellen Besonderheiten, ein umfassendes Verständnis von Herkunft und Tradition, aber auch aktueller westlicher Umsetzung des Prinzips wichtig. Nur so kann es, in Kenntnis aller Möglichkeiten, seinen eigenen Weg im Umgang mit dem Gesetzlichkeitsprinzip finden. Gerade Deutschland ist insofern von Interesse. Nicht nur ist dort das Gesetzlichkeitsprinzip entstanden, es gehört auch, wie China, zum civil law System. Die beiden wichtigsten ostasiatischen Nachbarn Chinas, Japan und Südkorea, haben deutsches Strafrecht in erheblichem Umfang rezipiert. Das deutsche Strafrecht ist in China leicht zugänglich, da in Taiwan zahlreiche deutsche Lehrwerke in die chinesische Sprache übersetzt wurden. Die strenge Trennung, die in der deutschen Rechtswissenschaft zwischen dogmatischer und rechtspolitischer Diskussion erfolgt, kommen dem chinesischen Verständnis von der Aufgabe der Justiz entgegen.
1 Strupp, Michael: Das neue Strafgesetzbuch der VR China: Kommentar und Übersetzung. Institut für Asienkunde. Hamburg 1998.