Intern
Prof. Dr. Florian Bien

Managerhaftung für Kartellrechtsverstöße

20.03.2013

Beitrag von Dr. Artur R. Fabisch in ZWeR 2013, S. 91 - 119 erschienen

In seinem Aufsatz geht Fabisch der Frage nach, ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen, die wegen eines Kartellverstoßes mit einer Geldbuße belegt wurden, bei den verantwortlichen Managern (insbesondere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder) Regress nehmen können. Der Beitrag erhält aktuelle Relevanz durch die im Dezember 2012 von ThyssenKrupp im Zusammenhang mit dem Schienenkartell eingereichte Schadensersatzklage gegen einen Ex-Manager über 103 Mio. Euro. Der Court of Appeal für England und Wales hat die Abweisung einer entsprechenden Klage durch den High Court of Justice mit Hinweis auf den Grundsatz „ex turpi non oritur causa actio“ bestätigt.


"VII. Die wesentlichen Thesen
1. Der Vorstand ist gegenüber der Gesellschaft haftbar, wenn die Gesellschaft für Rechtsverstöße sanktioniert wird. Verletzt der Aufsichtsrat die ihm auferlegte Überwachungspflicht, so kann sich der Anspruch auch gegen ihn richten.

2. Der Schutzbereich des § 93 Abs. 2 AktG umfasst Verstöße gegen die dem Vorstandsmitglied auferlegte unternehmerische Pflicht zum gesetzestreuen Verhalten als eine der wesentlichen Pflichten des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Hierunter fällt, neben zahlreichen weiteren, auch die Pflicht zur Einhaltung der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften.

3. Die Verletzung der Außenpflichten der Gesellschaft begründet regelmäßig eine Verletzung der Legalitätspflichten des Vorstands im Innenverhältnis und erfüllt somit eine der Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG.

4. Der Vorstand ist verpflichtet, eine auf Verhinderung von Rechtsverstößen ausgelegte Organisationsstruktur, eine Compliance-Organisation, zu schaffen.

5. Die Theorie des effizienten Gesetzesbruchs kennt das deutsche Recht nicht. Wohlkalkulierte Gesetzesverstöße bewegen sich damit nicht im Rahmen des unternehmerischen Ermessens.

6. Spätestens mit der ARAG Entscheidung ist der Aufsichtsrat dazu verpflichtet, Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder zu prüfen und ggf. geltend zu machen. Das Interesse an einer effizienten und erfolgreichen Verteidigung, einem schnellen Abschluss des Kartellrechtsverfahrens wie auch Kostengesichtspunkte können unter Umständen für ein Absehen vom Regress genügen. Dies ist die einzige Möglichkeit der Haftungsfreistellung.

7. Die im europäischen Kartellrecht einzig vorgesehene Möglichkeit, ausschließlich Unternehmen zu bebußen, schließt einen Regress des Unternehmens gegen die verantwortlichen Organmitglieder nicht aus. Dasselbe gilt bezüglich der Höchstpersönlichkeit der Strafe.

8. Werden Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder geltend gemacht, so führt eine Vorteilsanrechnung nicht zu unbilligen Ergebnissen und wirkt sich auf die Höhe des einklagbaren Schadensersatzanspruches aus. Der so ermittelte Schaden ist auf eine angemessene, dem Schädiger zumutbare Höhe zu begrenzen." (ZWeR 2013, 91, 118 f.)


Herr RA Dr. Artur R. Fabisch, LL.M., hat den Beitrag während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht (Prof. Dr. Bien) verfasst.

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