Petzen unter Zeitdruck
11.05.2017Würzburger Studierende beim Kartellrechts-Workshop von Menold Bezler in Stuttgart
Wer sich auf dem Schulhof schnell einmal ins Abseits katapultiert, kann in der realen Wirtschaftswelt Millionenbußgelder sparen: Die Petze. Denn um nichts anderes handelt es sich letztlich bei Unternehmen, die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkungen gegenüber der Kartellbehörde offenlegen und damit ihre Mitkartellanten ans Messer liefern – während das reuige Unternehmen als Kronzeuge einen vollständigen Bußgelderlass erhält. Aufgrund der Tatsache, dass dies nur für den ersten „Pönitenten“ gilt, lastet in diesen Situationen nicht unerheblicher Druck auf den beratenden Anwälten: Schnelligkeit ist das Gebot der Stunde beim Kronzeugenantrag.
Dies durften 23 Studierende der Universität Würzburg am 20. und 21. April 2017 hautnah bei einem Workshop der Kanzlei Menold Bezler in Stuttgart erfahren und in die Anwaltsrolle schlüpfen. Bearbeitet wurde der Fall eines deutschen Luxusmöbelherstellers, der mit seinen asiatischen Abnehmern, die zugleich selbst Möbelhersteller waren, Vereinbarungen über Marktaufteilungen und Vertriebsbedingungen traf. Nicht zuletzt aufgrund der ausgezeichneten schauspielerischen Fähigkeiten des betreuenden Rechtsanwalts, Herrn Dr. Jochen Bernhard, verschwammen die Grenzen zur Realität des eigentlich fiktiven Falls immer mehr. So entwickelten die Teilnehmer einen gewissen Eifer bei der Analyse des englischen Vertrages und dem Setzen des sogenannten „Markers“ – die Vorstufe des Kronzeugenantrags. Notwendige Grundlagen lieferte, auf Einladung von Professor Bien, ein einführender Vortrag zum Kartellrecht durch Herrn Dr. Alexander Wesselburg, Richter am LG Düsseldorf, am Morgen in Würzburg.
Nachdem der Marker rechtzeitig gesetzt wurde, bot ein gemeinsames Abendessen – auf freundliche Einladung der Kanzlei Menold Bezler – Gelegenheit zum persönlichen Gespräch mit den Kartellrechtsanwälten und hielt auch die eine oder andere Anekdote aus ihren beruflichen Erlebnissen bereit. Dabei durften die Teilnehmer auch erfahren, dass der behandelte Vertrag in fast identischer Form bereits Gegenstand eines Mandats war und das zuvor Gespielte also gar nicht so weit von der anwaltlichen Praxis entfernt lag.
Am nächsten Morgen wandten wir uns der privaten Kartellrechtsdurchsetzung zu: Ein Online-Möbelversandhändler begehrte Lieferung durch den sich weigernden – möglicherweise marktmächtigen – Luxusmöbelhersteller sowie Schadensersatz für entgangenen Gewinn. In zwei Gruppen diskutierten wir Anspruchsvoraussetzungen und Verhandlungstaktik, um dann in einem „Mini Moot Court“ die beiden Parteien zu vertreten. Mit Spannung wurde der Richterspruch von Herrn Dr. Bernhard und seiner Kollegin Frau Schneiderhan erwartet – der letztlich die Beklagten aufatmen ließ.
Über das Urteil der Teilnehmer hingegen musste niemand traurig sein: Wir waren begeistert vom Einsatz der verantwortlichen Personen und der hervorragenden Organisation durch die Kanzlei Menold Bezler – ein herzliches Dankeschön hierfür! Voller neuer Eindrücke reisten wir zurück nach Würzburg und vielleicht auch der eine oder andere mit dem Entschluss, sich in den Schwerpunkt 8 „Wettbewerb und Regulierung“ einzuschreiben…
Marco Bretzigheimer
